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Wenn es um das Sammeln und Speichern von Daten geht, gehört die Finanzindustrie zu den treibenden Kräften. Aus gutem Grund, denn die smarte Nutzung von Daten wird in Zukunft über Erfolg und Misserfolg entscheiden. Doch warum tun sich Banken und KVGen nach wie vor so schwer, aus dem vorhandenen Datenberg Mehrwert zu generieren? Antworten gibt eine aktuelle Studie von VÖB-Service und der Unternehmensberatung Cofinpro.

Ausgerechnet der Finanzsektor – ein First Mover in der IT-Welt – hält sich bei der geschäftlichen Erschließung der Datenökonomie bislang zurück. Wir haben in einer Expertenbefragung nach den Gründen geforscht und nachgefragt: Warum schöpfen Finanzinstitute ihr Potenzial nicht aus? Das Ergebnis: Es mangelt weder am Geld noch an den benötigten Rohdaten. Auch regulatorische Leitplanken oder fehlendes Know-how werden nicht als Haupthindernisse identifiziert. Stattdessen stehen ungeeignete Systeme bzw. technische Hürden bei der Anbindung (58 Prozent), fehlende personelle Ressourcen (50 Prozent) und Prioritäten bei anderen Themen (45 Prozent) ganz oben auf der Liste der Hemmnisse. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage unter mehr als 400 Fachleuten deutscher Finanzdienstleister.

Woran liegt es, dass Sie das Potenzial aus Ihren Daten nicht voll heben können?

Bankenstudie: Zukunft Daten (VÖB-Service / Cofinpro)

Dabei sollte es – dank ausreichender Mittel und Daten – durchaus möglich sein, innovative Geschäftsformate oder neue Angebote mit hohem Individualisierungsgrad zu entwickeln. Dass ausgerechnet Systeme, personelle Ressourcen und Prioritäten als die drei größten Hemmnisse identifiziert werden, deutet auf ein strategisches Problem hin. Verhindern unklare Vorgaben und Silodenken gepaart mit einem tradierten Bankenverständnis den unternehmerischen Sprung in eine datengetriebene Zukunft?

Das Fehlen einer klaren Strategie zeigt sich auch darin, dass nur 16 Prozent der Experten die konsequente Datennutzung als Teil der vom Management vorgegebenen obersten Unternehmensziele wahrnehmen. Und eine konsequente vertriebliche Nutzung von Daten wird nur von 14 Prozent der Befragten erkannt. Dies sind ernüchternde Werte, insbesondere angesichts der Möglichkeiten und Fortschritte, die in den letzten Jahren im Bereich der datenbasierten Automatisierung erzielt wurden. Denn in einem härter werdenden Wettbewerb ist die effektive Nutzung von Daten entscheidend, um die Kundenorientierung zu verbessern, Effizienzpotenziale zu heben und Risiken zu minimieren.

Hat Ihr Unternehmen eine übergreifende Datenstrategie?

Bankenstudie: Zukunft Daten (VÖB-Service / Cofinpro)

Die Aufschlüsselung nach Unternehmensbereichen zeigt, dass eine Datenstrategie bei den Finanzinstituten am ehesten im Bereich des Risikomanagements umgesetzt wird. Die Analyse großer Datenmengen wird hier vornehmlich zur schnelleren Identifikation von Risikopotenzialen, zur Entwicklung präziserer Risikomodelle oder auch für die Automatisierung von Überwachungs- und Steuerungsprozessen eingesetzt, um die Effizienz und Genauigkeit zu erhöhen.

Eine Datenstrategie wird verfolgt IM BEREICH:

Bankenstudie: Zukunft Daten (VÖB-Service / Cofinpro)

Am schwächsten ausgeprägt ist die Datenstrategie ausgerechnet dort, wo die größten Hebel zur Erschließung von geschäftlichen Potenzialen angesetzt werden können – beispielsweise in der Produktentwicklung und -optimierung. Denn gerade die Analyse von Kundendaten kann zur Entwicklung maßgeschneiderter Dienstleistungen und effizienterer Betriebsabläufe führen.

Zugegeben: Gerade bei personenbezogenen Daten müssen sich die Finanzinstitute auch besonders intensiv mit Regularien wie der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auseinandersetzen. Doch der rechtliche Rahmen bietet hier ebenso wie in Vertrieb und Marketing ausreichend Spielraum für eine breitere Nutzung.

Datenqualität entscheidet

Hinsichtlich der Datenqualität ist festzuhalten, dass viele Banken zwar auf einen sehr großen Datenschatz zurückgreifen können und zahlreiche technische Neuerungen sowie Innovationen die Datenerhebung, -speicherung und -bereitstellung erleichtern. Dennoch zeigen sich technische Schwächen. Dies äußert sich in fehlenden Informationen, ungenügender Qualität oder fehlenden Schnittstellen.

Hat Ihr Unternehmen ausreichend Daten in guter Qualität, um sie erfolgreich nutzen zu können – beispielsweise für neue KI-basierte Anwendungen?

Bankenstudie: Zukunft Daten (VÖB-Service / Cofinpro)

Die Institutionen selbst sind in ihren Strukturen Teil des Problems: Daten sammeln ohne Ziel ist kein Erfolgsfaktor, sondern Quelle eines riesigen Datensumpfes ohne klare Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten. Die notwendige Datenqualität – als Basis für innovative Anwendungen und Prozesse – kann so nicht gewährleistet werden.

Die Förderung einer unternehmensweiten Datenkultur („Data Culture“) ist daher ebenso notwendig wie der Aufbau einer modernen technologischen Infrastruktur, die Schnittstellen schafft und Datensilos aufbricht, auch im Hinblick auf die Umsetzung einer Cloud-Strategie. So verwundert es nicht, dass erst 21 Prozent der Unternehmen die Potenziale der Cloud nutzen. Darüber hinaus ist ein effektives Datenmanagement in den Instituten notwendig, um die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Daten zu gewährleisten.

Neben den technischen Aspekten ist das Thema Daten eng mit der Organisationsstruktur und dem eigenen Selbstverständnis verbunden. Interdisziplinäre Teams aus verschiedenen Abteilungen wie IT, Marketing, Risikomanagement und Compliance können helfen, eine ganzheitliche Datenstrategie zu entwickeln und umzusetzen. Die Implementierung agiler Methoden kann die Flexibilität und Reaktionsfähigkeit der Bank erhöhen, was besonders wichtig ist, um schnell auf Markt- und Technologieveränderungen reagieren zu können.

Fazit

Es klingt paradox: 96 Prozent der Studienteilnehmer attestieren dem Thema Daten eine hohe Bedeutung in ihrem Unternehmen. Dies ist sicherlich auch auf den aktuellen Hype rund um das Thema Künstliche Intelligenz (KI) zurückzuführen. Doch der Blick auf die tatsächliche Umsetzung – nur vier von zehn Finanzinstituten schöpfen das Potenzial von Daten wirklich aus – ist ernüchternd. Hier zeigt sich, dass es nicht an der Erkenntnis mangelt, sondern an einer klaren Strategie, die die gesamte Organisation mitnimmt und in die Zukunft führt.

Inwieweit schöpft Ihre Organisation das Potenzial von Daten aus?

Bankenstudie: Zukunft Daten (VÖB-Service / Cofinpro)

Über die Studie

Die Studie „Zukunft Daten – Wenn die Bank wüsste, was die Bank weiß“ wurde von Cofinpro im Mai 2024 in Zusammenarbeit mit der VÖB-Service GmbH durchgeführt. 401 Experten von Finanzdienstleistern haben an der Befragung teilgenommen. Die Studie wird Anfang September publiziert. Wenn Sie an der Studie interessiert sind, senden Sie bitte eine E-Mail an Datenstudie-2024@cofinpro.de.

Autoren

Björn Berg

Senior Manager, Cofinpro AG

Dr. Stefan Hirschmann

Mitglied der Geschäftsleitung, VÖB-Service GmbH